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A1-Bescheinigung

Was ist eine A1-Bescheinigung?

Die A1-Bescheinigung ist ein offizieller Nachweis, der regelt, welches Sozialversicherungsrecht bei einer vorübergehenden Entsendung oder Tätigkeit im EU-Ausland, EWR oder der Schweiz Anwendung findet, sowohl für Angestellte als auch Selbstständige. Konkret bestätigt sie, dass während der Entsendung die Sozialversicherungsbeiträge weiterhin im Heimatland, dem Mitgliedstaat der Beschäftigung, abgeführt werden und nicht im Einsatzland.

Die A1-Bescheinigung adressiert ein zentrales Thema im Sozialversicherungsrecht. Das grundlegende Territorialitätsprinzip sieht vor, dass Sozialversicherungsbeiträge in dem Land zu zahlen sind, in dem die Beschäftigung tatsächlich ausgeübt wird. Innerhalb der EU werden diese Regelungen jedoch durch verbindliche Verordnungen (insbesondere Verordnung (EG) Nr. 883/2004 und 987/2009) außer Kraft gesetzt, um Komplikationen für grenzüberschreitend tätige Arbeitnehmer:innen zu vermeiden.

Ohne diese EU-Regelungen würde das Territorialitätsprinzip uneingeschränkt gelten – mit teils absurden Konsequenzen: Arbeitnehmer:innen, die beispielsweise fünf Wochen in Italien arbeiten, müssten für genau diesen Zeitraum Beiträge im italienischen Sozialversicherungssystem entrichten, selbst wenn ihre sonstige Tätigkeit in einem anderen Mitgliedstaat stattfindet. Für vorübergehend grenzüberschreitend Beschäftigte würde dies einen stark zersplitterten und mit erheblichem administrativem Aufwand verbundenen Prozess bedeuten.

Damit es gar nicht erst zu diesem Problem kommt, hat die EU gezielte Ausnahmen vom Territorialitätsprinzip etabliert. Die A1-Bescheinigung fungiert als offizieller Nachweis, der bestätigt, unter welchen Voraussetzungen diese Ausnahmen Anwendung finden. Sie ermöglicht es Mitarbeitenden, auch bei temporären Auslandseinsätzen weiterhin dem heimischen Sozialversicherungssystem anzugehören.

Die A1-Bescheinigung deckt alle Bereiche der Sozialversicherung ab, von Renten- und Arbeitslosenversicherung über Unfallversicherung bis hin zur Krankenversicherung. Für Geschäftsreisen sind meist Unfall- und Krankenversicherung am relevantesten, da jederzeit unvorhergesehene Ereignisse eintreten können. Darüber hinaus werden auch Rentenbeiträge fortgeführt, was insbesondere bei längerfristigen Einsätzen von Bedeutung ist. Im Kern stellt die A1-Bescheinigung sicher, dass durchgehend Sozialversicherungsschutz besteht, über alle Zweige hinweg und ohne Unterbrechungen.

Warum ist eine A1-Bescheinigung notwendig?

Die A1-Bescheinigung setzt das Territorialitätsprinzip außer Kraft. Sie verhindert, dass jedes Land sofort Sozialversicherungsbeiträge verlangt, nur weil eine Person für einen begrenzten Zeitraum dort tätig ist. Mit der A1 weisen Sie nach, dass die Sozialversicherungsbeiträge auch während des Auslandseinsatzes weiterhin im Heimatland abgeführt werden.

Das ist auch für Ihre Absicherung essenziell: Wenn Sie in Italien tätig sind, aber weiterhin in Deutschland Sozialversicherungsbeiträge entrichten, möchten Sie im Bedarfsfall selbstverständlich Leistungen aus dem deutschen System in Anspruch nehmen – also genau dort, wo Ihre Beiträge tatsächlich geleistet wurden.

A1-Bescheinigungen gibt es sowohl für Angestellte als auch für Selbstständige. Selbst Geschäftsführende, die in Deutschland von der Sozialversicherungspflicht befreit sind, benötigen eine A1-Bescheinigung, da diese Ausnahme eine deutsche Besonderheit darstellt und im Zielland unter Umständen nicht anerkannt wird. Die A1 gewährleistet, dass die deutsche Einstufung auch während des Auslandsaufenthalts im Rahmen des Social Security Coordination Framework anerkannt bleibt.

Certificate of Coverage vs. A1: Was ist der Unterschied?

Certificates of Coverage (CoCs) erfüllen denselben Zweck wie A1-Bescheinigungen: Sie bestätigen, dass bei einem Auslandseinsatz weiterhin das Sozialversicherungsrecht des Heimatlandes gilt, auch wenn im Ausland gearbeitet wird.

Der wesentliche Unterschied liegt im Einsatzgebiet: A1-Bescheinigungen gelten innerhalb Europas, das umfasst die EU sowie Island, Liechtenstein, Norwegen und die Schweiz. Im Gegensatz dazu werden CoCs für Länder außerhalb Europas ausgestellt, mit denen bilaterale Sozialversicherungsabkommen bestehen.

Darüber hinaus unterscheiden sich A1-Bescheinigungen und CoCs in wesentlichen Aspekten, etwa in ihrer rechtlichen Grundlage, im Antragsverfahren sowie im konkreten Leistungsumfang. Gleichwohl erfüllen beide Dokumente denselben zentralen Zweck: Sie bestätigen, dass eine Person während eines temporären Auslandseinsatzes weiterhin dem heimischen Sozialversicherungssystem angehört - und zwar in sämtlichen Bereichen, die das jeweilige Abkommen umfasst.

Wer benötigt eine A1-Bescheinigung?

Wer vorübergehend in einem EFTA-Staat tätig ist – also innerhalb der EU sowie in Island, Liechtenstein, Norwegen, der Schweiz oder dem Vereinigten Königreich,  benötigt eine A1-Bescheinigung. Dies gilt gleichermaßen für Angestellte, Beamt:innen und Selbstständige.

Wichtig: Sowohl bei Business Trips als auch bei Workations ist eine A1 ab dem ersten Tag verpflichtend, konkret ab dem Zeitpunkt, an dem die Grenze überschritten wird und eine Tätigkeit aufgenommen wird.

Maßgeblich ist die tatsächliche Ausübung der Arbeit: Wer ausschließlich Urlaub macht, benötigt keine A1-Bescheinigung. Sobald jedoch gearbeitet wird, besteht die A1-Pflicht.

Wie lange ist eine A1-Bescheinigung gültig?

Gemäß Artikel 12 der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 gilt die A1-Bescheinigung strikt für den tatsächlichen Zeitraum, in dem Mitarbeitende im Ausland im Rahmen ihres Beschäftigungsverhältnisses tätig sind.

Somit ist für jede einzelne Auslandsreise eine separate A1 zu beantragen. Beispielhaft bedeutet dies: Wer im Folgejahr dreimal für jeweils drei Wochen nach Italien entsendet wird, muss für jeden Einsatz eine eigene A1 mit genau diesem Geltungszeitraum vorlegen. Eine längerfristige Bescheinigung mit Pauschallaufzeit, beispielsweise für ein gesamtes Kalenderjahr, ist nicht zulässig und widerspricht den regulatorischen Vorgaben.

Für Business Trips und Workations gilt folglich: die A1 muss den exakten Reisezeitraum abdecken. Eine generelle „Vorrats-A1“ oder pauschale Dauergültigkeiten sind gesetzlich ausgeschlossen.

Wesentliche regulatorische Zeitrahmen nach Verordnung:

  • Maximale Dauer: Zwei Jahre, basierend auf Artikel 12 der Verordnung (EG) Nr. 883/2004
  • Verlängerung: In der Regel um ein weiteres Jahr möglich
  • Längere Einsatzzeiträume: Abhängig vom Einsatzland kann ab dem dritten, vierten oder fünften Jahr eine behördliche Sondergenehmigung zur Verlängerung erforderlich sein
  • Ab fünf Jahren: Verlängerungen werden erfahrungsgemäß sehr restriktiv gehandhabt; häufig besteht dann eine Pflicht zum Wechsel in das Sozialversicherungssystem des Einsatzstaats

Brauchen Schweizer Arbeitnehmende eine A1-Bescheinigung?

Auch wenn die Schweiz kein EU-Mitgliedstaat ist, hat sie die europäischen Koordinierungsregeln übernommen. Schweizer Unternehmen beantragen die A1 über das ALPS-Portal, analog zu den Verfahren innerhalb der EU, um Doppelbeiträge zu vermeiden und Compliance sicherzustellen.

Braucht man für Workations eine A1-Bescheinigung?

Ja. Bei Workations gilt: Ab dem Zeitpunkt, an dem die Grenze überschritten und Arbeit im Ausland aufgenommen wird, besteht A1-Pflicht - und zwar ab dem ersten Tag.

In der Praxis kann das Compliance-Management herausfordernd sein: Werden während der Workation auch Urlaubstage eingeschoben, ist für diese Tage formal keine A1 erforderlich, analog zu regulären Urlaubsreisen. Doch wenn der tatsächliche Arbeitszeitpunkt nicht eindeutig definiert ist, empfiehlt sich aus Risikoabwehrgründen die Beantragung einer A1 für den gesamten Zeitraum der Workation.

Denn: Sobald der Laptop aufgeklappt wird, muss eine valide A1 vorliegen. Kommt es etwa aufgrund kurzfristigen Wetters zu spontaner Arbeit, ohne dass eine A1 rechtzeitig beantragt wurde, liegt ein Verstoß vor.

Der klare Compliance-Tipp lautet daher: Für die gesamte Dauer der Workation eine A1 beantragen, selbst wenn darin Urlaubstage inkludiert sind. Diese beeinträchtigen den Nachweis nicht, da die A1 primär bestätigt, dass bei tatsächlicher Arbeit das Sozialversicherungsrecht des Entsendestaats gilt.

Was passiert ohne A1-Bescheinigung?

Das Fehlen einer gültigen A1 bei grenzüberschreitender Arbeit birgt erhebliche Compliance- und Reputationsrisiken:

  • Prüfungen: Bei Abgabe einer EU-Entsendemeldung (PWD) werden Behörden gezielt die A1 einfordern. Fehlt sie, kann dies zur Ablehnung der Meldung oder zu Bußgeldern führen.
  • Versicherungsschutz: Im Fall eines Arbeitsunfalls im Ausland kann die Sozialversicherung des Entsendestaats Leistungen verweigern, wenn keine A1 vorlag. Nachträgliche Ausstellung ist möglich, aber nicht garantiert. Wiederholte Versäumnisse werden als strukturelle Compliance-Mängel eingestuft und können rechtliche sowie finanzielle Sanktionen nach sich ziehen.
  • Finanzielle Sanktionen: Säumniszuschläge und Bußgelder können zusätzlich verhängt werden.

Fazit: Trotz einfacher Beantragung über digitale Portale, Dienstleister oder Automatisierungstools riskieren Unternehmen ohne A1 unnötige Haftungs- und Reputationsgefahren.

Was ist eine Multi-State A1-Bescheinigung?

Der Unterschied zur normalen A1 liegt in Art. 13 der EU-Verordnung 883/2004, die Fälle regelt, in denen Arbeitnehmer:innen „normalerweise eine Tätigkeit in zwei oder mehr Mitgliedstaaten ausüben“. Das ist anders als Art. 12, der für "entsandte" Arbeitnehmer:innen gilt, also für Mitarbeitende, die vorübergehend im Ausland tätig sind.

Multi-State A1-Bescheinigungen gelten, wenn eine Person gleichzeitig in mehreren Ländern arbeitet, aber weiterhin im Heimatsozialversicherungssystem verbleibt (in der Regel das Wohnsitzland).

Wichtige Voraussetzungen für eine Multi-State A1:

  • Vertragliche Spezifizierung: Die grenzüberschreitende Arbeit muss im Arbeitsvertrag klar geregelt sein. Ad-hoc-Regelungen reichen nicht aus.
  • Normale Ausübung der Tätigkeit: Die Tätigkeit muss planmäßig und regelmäßig in mehreren Ländern ausgeübt werden, nicht nur gelegentliche Reisen.
  • Erhebliche Tätigkeit: Die Arbeit in jedem Land muss einen bedeutenden Teil der Aufgaben umfassen und nicht nur sporadische Meetings oder Projekte sein.

Beispiele:

  • Geschäftsführer:in einer Tochtergesellschaft mit regelmäßigen Reisen zu deren Erfüllung der Aufgaben.
  • Vertriebsleitung, die regelmäßig zwischen Deutschland, Österreich und der Schweiz tätig ist.

Nicht geeignet ist z. B. eine Vertriebsleitung mit gelegentlichen, seltenen Auslandsreisen zu Meetings, dies sind keine Fälle für eine Multi-State A1.

Wie lässt sich der A1-Prozess vereinfachen?

Aus Erfahrung mit tausenden A1-Anträgen wissen wir, worauf es ankommt, um zuverlässig Posting Compliance und Social Security Coordination Framework-konform zu bleiben:

  • Exakte Planung der Reisen: Die A1-Bescheinigung muss passgenau auf die realen Reise- und Arbeitstage abgestimmt sein. Pauschale oder unpräzise Zeiträume erhöhen das Risiko von Double Contribution Risk und Compliance-Verstößen und sind daher nicht zulässig.
  • Workations sorgfältig absichern: Bei Unsicherheit bezüglich Arbeits- und Urlaubszeiten empfiehlt sich die Beantragung einer A1 für den gesamten Aufenthaltszeitraum. Die A1 gilt ausschließlich an Arbeitstagen, Urlaubstage sind dabei problemlos inkludiert.
  • Saubere Dokumentation sicherstellen: Eine lückenlose Archivierung aller A1-Bescheinigungen ist essenziell, um gegenüber Behörden und im Rahmen von Audits jederzeit transparent und auditfest Auskunft geben zu können.
  • Professionelle Expertise nutzen: Bei steigender Zahl internationaler Einsätze empfiehlt sich der Einsatz spezialisierter Dienstleister oder digitaler Automatisierungslösungen. Diese unterstützen dabei, Fristen, Antragsprozesse und regulatorische Anforderungen zuverlässig zu managen und damit operative Risiken im Global-Mobility-Kontext zu minimieren.

Das Fazit: Ein effektives A1-Compliance-Management folgt klar definierten Prozessen. Unternehmen, die diese implementieren und konsequent verfolgen, reduzieren Verwaltungsaufwand, minimieren Risiken und machen aus der A1-Beantragung eine effiziente, standardisierte Routine im Rahmen des Entsenderechts und der globalen Mitarbeitersteuerung.

So beantragen Sie A1-Bescheinigungen mühelos

Im Spickzettel für WorkFlex A1-Bescheinigungen finden Sie Tipps für eine effiziente Bearbeitung, häufige Fehler und Lösungen.

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